11. Januar 2022: Das Projekt „Stage of Memory“ ist zu Gast bei den Fischwirten des Beruflichen Schulzentrums Bautzen
Ein großer Kreis an Stühlen ist in der Aula des BSZ Bautzen aufgestellt. Auf dem Stundenplan der 17 angehenden Fischwirtinnen und Fischwirte steht an diesem Morgen das Fach Ethik. Doch anstelle eines klassichen Frontalunterrichts wird lebendig und offen über die Erinnerung an die Lebenswirklichkeiten der DDR diskutiert, in Besonderem über die Schilderungen eines Zeitzeugen.
Zum vierten Male besucht das Projekt-Team der Gedenkstätte Bautzen den Unterricht der Ethiklehrerin Yvonne Fritsche und übernimmt die Regie in einer besonderen Form des gemeinsamen Lernens und des kreativen Aufarbeitens zur DDR-Geschichte.
Unter dem Titel „Stage of Memory“ will das neue Projekt der Stiftung Sächsische Gedenkstätten andere, kreative Wege in der Auseinandersetzung mit DDR-Unrecht zusammen mit den jungen Menschen gehen. Die Klasse des Berufsschulzentrums startete Ende September 2021 mit dem Projekt und wird über ein ganzes Schuljahr bis Juni 2022 eigene Statements und künstlerische Arbeiten aus den vielen Themen der Stasi-Haftanstalt entwickeln.
Teil der Auseinandersetzung mit der Geschichte der DDR und insbesondere den Geschichten des Gefängnisses „Bautzen II“ ist das Lernen am historischen Ort. Doch dieser ist Pandemie-bedingt seit Herbst 2021 für Publikum geschlossen. So wurde das Projekt kurzerhand modifiziert, kam die Gedenkstätte in die Schule und brachte neben einer digitalen Führung auch Original-Objekte in den Klassenraum.
Ein Höhepunkt der bisherigen Recherche-Phase des Projektes war für die Berufsschulklasse das Interview mit dem mittlerweile 80-jährigen Zeitzeugen Manfred Matthies, welcher sich in der ersten Januarwoche ihren Fragen zu Freizeit und Gewalt im Gefängnisalltag und den Besonderheiten des geteilten Deutschland stellte.
In der Hoffnung, ihre nächste Ethik-Stunde dann endlich in den Räumen der wieder geöffneten Gedenkstätte verbringen zu können, entwickeln die jungen Menschen nun erste Ideen für eigene künstlerische Zugänge zum Thema. Mit Mitteln der zeitgenössischen Theaterpädagogik sowie den eigenen Erfahrungen und Talenten der Jugendlichen geht das Projekt nun in die Phase der kreativen Umsetzung.
Das Projekt „Stage of Memory“ steht in Kooperation mit dem Deutsch-Sorbischen Volkstheater und wird aus dem Programm „Jugend erinnert“ der Bundesstiftung Aufarbeitung gefördert.