Bautzen I „Gelbes Elend“
>> Sächsische Landesstrafanstalt 1904–1933
>> Nationalsozialistisches Strafgefängnis 1933–1945
>> Sowjetisches Speziallager Nr. 4 1945–1950
>> Strafvollzuganstalt der DDR 1950–1990
>> Justizvollzugsanstalt (JVA) Bautzen, seit 1990
Sächsische Landesstrafanstalt 1904–1933
Die Landesstrafanstalt Bautzen wurde 1904 nach den damaligen Maßstäben eines fortschrittlichen Strafvollzuges mit 1.100 Haftplätzen gebaut: große Säle für gemeinsames Arbeiten am Tag und Einzelzellen für die Nachtruhe, Höfe mit Grünanlagen, große Waschräume, Wasserklosett, Zentralheizung, Krankenabteilung und Küche mit eigenem Garten für den Gemüseanbau. Bautzen war Jugendstrafanstalt und Gefängnis für Ersttäter. Insbesondere für sie sollte der Strafvollzug nicht nur Strafe, sondern auch Hilfe sein.
Nationalsozialistisches Strafgefängnis 1933–1945
In der NS-Diktatur änderte sich die Auffassung von Strafe. Sie sollte für den Betroffenen hart und für die übrige Gesellschaft Abschreckung sein. Kriminalität wurde als Krankheit eines an sich gesunden Volkskörpers begriffen. Der Haftalltag war bestimmt durch militärischen Drill, karge Verpflegung und stumpfsinnige Arbeit. Hinzu kam der nationalsozialistische Rassismus. Für Wiederholungstäter, politische Gefangene, Juden, Sinti und Roma sowie allgemein „fremdländische“ Gefangene wurden immer mehr Sonderregelungen eingeführt. Viele von ihnen wurden in Konzentrationslager überführt. Ende 1944 war das Gefängnis mit 1.600 Insassen um ein Drittel überbelegt. Weitere 700 Gefangene befanden sich in vier Außenlagern der Strafanstalt.
Prominentester Häftling in Bautzen I war 1943/44 der Vorsitzende der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD), Ernst Thälmann. Er wurde im August 1944 von Bautzen in das Konzentrationslager Buchenwald deportiert und dort ermordet.
Sowjetisches Speziallager Nr. 4 1945–1950
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges nutzte die sowjetische Geheimpolizei das "Gelbe Elend" als Speziallager. Anfangs diente es zur Internierung von Funktionären des NS-Regimes und Personen, die die Besatzungsmacht als gefährlich ansah. Ab 1946 wurde es aber zu einem Haftort der Unterdrückung politischer Gegner der Besatzungsmacht. Unter konstruierten Anschuldigungen wie "antisowjetischer Propaganda" oder "Spionage" wurden Oppositionelle verurteilt und auf Jahre vollkommen von der Außenwelt isoliert.
Strafvollzuganstalt der DDR 1950–1990
Anfang 1950 übergab die sowjetische Besatzungsmacht die Landesstrafanstalt wieder an die deutsche Verwaltung (>> weitere Informationen). Aber nicht die Justiz, sondern die Deutsche Volkspolizei wurde neuer Hausherr. Sie übernahm Bautzen I zusammen mit 6.000 politischen Gefangenen. Im März 1950 kam zu einem Haftaufstand, der brutal niedergeknüppelt wurde. Aus dem Gefängnis geschmuggelte Appelle gelangten in den Westen und prägen den seitdem geläufigen Begriff „Gelbes Elend“.
Überfüllung, schlechte Ausstattung, wenig Bildungsangebote und Gewalt der Gefangenen untereinander blieben trotz Überwindung der schlimmsten Notstände der 1950er Jahre für den Haftalltag im DDR-Strafvollzug bestimmend. Im Oktober 1989 befanden sich 2.100 Menschen in Bautzen I, das damit um 40% überbelegt war. Sein Ziel, die Gefangenen durch Arbeit in die sozialistische Gesellschaft wieder einzugliedern, konnte der Strafvollzug der DDR nicht einlösen. Es überwog die politisch gewollte Abschreckung durch harte Haftbedingungen und der letztlich menschenverachtende Umgang mit den Gefangenen. In Bautzen, wie in allen anderen Haftanstalten der DDR, gab es immer auch Menschen, die aus politischen Gründen inhaftiert wurden.
Justizvollzugsanstalt (JVA) Bautzen, seit 1990
Mit Wiederbegründung des Freistaates Sachsen im Juli 1990 wurde Bautzen I dem sächsischen Justizministerium unterstellt. Die JVA Bautzen ist heute zuständig für Untersuchungshaft, für den Vollzug von Freiheitsstrafen an männlichen erwachsenen Gefangenen und für den Vollzug der Sicherungsverwahrung an Männern.