Benno von Heynitz (1924–2010)
Benno von Heynitz, geboren am 22. Dezember 1924 in Dresden, verlebte seine Kindheit auf dem Rittergut Weicha im Kreis Bautzen, das sein drei Jahre älterer Bruder Wichard 1927 von einer Nebenlinie der Adelsfamilie geerbt und dessen Bewirtschaftung der Vater übernommen hatte.
Dem Nationalsozialismus stand die konservative, deutsch-national orientierte Familie sehr reserviert gegenüber. Benno von Heynitz war von Anfang an kein begeistertes Mitglied der Hitler-Jugend und übernahm keinerlei Funktionen. Die Reserviertheit entwickelte sich zur Gegnerschaft, als die Familie zunehmend in Auseinandersetzungen mit dem Regime verstrickt wurde. 1935 wurde das Gut unter massivem Druck der sächsischen Bauernsiedlung aufgelöst, sein Bruder quasi enteignet. Ab 1937 wurde der leicht geistig behinderte Wichard von Heynitz auf ärztlichen Rat in verschiedenen Pflegeheimen untergebracht. Am 8. Mai 1941 wurde der 19-Jährige in die NS-„Euthanasie“-Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein verlegt und trotz eines Rettungsversuches der Familie ermordet.
Benno von Heynitz hörte seit 1939 systematisch ausländische Rundfunksender, sammelte Flugblätter, die von gegnerischen Flugzeugen abgeworfen wurden und reichte Kettenbriefe regimefeindlichen Inhalts weiter. Als Wehrmachtsangehöriger war von Heynitz ab 1942 zunächst an der Ostfront, dann nach einer schweren Verwundung 1943 bei Ersatztruppen in Österreich und Ungarn eingesetzt.
Nach dem Ende des Krieges wollte Benno von Heynitz den demokratischen Neuaufbau Deutschlands aktiv mitgestalten. Nach seiner Rückkehr nach Weicha im Mai 1945 wurde er als Lehrer tätig. Im Juli 1945 trat er der Liberal-Demokratischen Partei Deutschlands (LDP) bei und begann innerhalb und auch außerhalb der Partei gegen die massiven Rechtsverstöße in der SBZ zu arbeiten. Er hatte Kontakte zum Landesvorstand der SPD in Berlin. Aktiv für die Demokratie zu arbeiten, dass hieß für von Heynitz auch, die Ausschaltung der SPD politisch zu bekämpfen. Nach den Erfahrungen mit der Gleichschaltungspolitik des NS-Regimes erschienen ihm diese Vorgänge als der Weg in eine neue Diktatur. Benno von Heynitz beteiligte sich systematisch am Aufbau eines Widerstandsnetzes und verteilte Flugblätter und Druckschriften gegen das neue Regime. Er stellte auch eigene her, mit denen er gegen das Verbot der SPD in der SBZ und die Kriminalisierung ihrer Anhänger als „Schumacher-Agenten“ protestierte.
Am 23. August 1947 wurde Benno von Heynitz auf frischer Tat beim Kleben von Flugblättern verhaftet und der sowjetischen Militärverwaltung übergeben. Er wurde ins Gefängnis Bautzen II eingewiesen, damals Untersuchungsgefängnis des sowjetischen Geheimdienstes. Am 20. November 1947 verurteilte ihn das sowjetische Militärtribunal in Dresden nach einer rund zwanzigminütigen – jeglicher rechtsstaatlicher Grundsätze entbehrenden – Verhandlung wegen antisowjetischer Propaganda und Bildung einer illegalen politischen Organisation nach Artikel 58 des russischen Strafgesetzbuches zu 25 Jahren Zwangsarbeit. Von November 1947 bis zum Juli 1950 musste Benno von Heynitz seine Strafe unter unmenschlichen Bedingungen im sowjetischen Speziallager Bautzen verbüßen. Nach der Übergabe der SMT-Verurteilten an die DDR-Behörden waren seine nächsten Haftstationen Brandenburg-Görden, Berlin-Hohenschönhausen und Luckau. Erst nach fast neun Jahren öffneten sich für Benno von Heynitz am 31. Mai 1956 die Gefängnistore. Er verließ die DDR und folgte seiner Mutter in den Westen.
Von Heynitz besuchte zunächst den Lehrgang für Spätestheimkehrer in Göttingen, den er im März 1957 mit dem Abitur abschloss. Anschließend studierte er Rechtswissenschaften in Göttingen, Heidelberg, Bonn und Marburg und legte 1967 seine zweite juristische Staatsprüfung ab. 1961 heiratete Benno von Heynitz. Aus der Ehe gingen 1963 ein Sohn und 1965 eine Tochter hervor.
Von Dezember 1967 bis zu seiner Pensionierung Ende 1986 war Benno von Heynitz als Ministerialbeamter in Bonn beim Hessischen Minister für Bundesangelegenheiten tätig und als juristischer Fachbeamter an der Gesetzgebung des Bundes beteiligt.
Nach dem Fall der Mauer initiierte er die Gründung des Opferverbandes ehemaliger politischer Häftlinge, „Bautzen-Komitee e. V.“, und übernahm mit der Mitgliedsnummer 001 für lange Jahre dessen Vorsitz. Die Suche nach Massengräbern auf dem Bautzener Karnickelberg, die Anlage einer würdigen Gräberstätte, die Errichtung einer Gedenkkapelle und nicht zuletzt die Errichtung der Gedenkstätte Bautzen zählten zu seinen Aufgaben, denen er sich verpflichtet fühlte. Bis zu seinem Tod lenkte er als Ehrenvorsitzender die Geschicke des Vereins, setzte sich unermüdlich für die Rechte der Opfer, den Auf- und Ausbau der Gedenkstätte Bautzen und die historische Aufarbeitung des Unrechts ein.
Für seine Verdienste um Demokratie und Menschenrechte verlieh ihm das Land Hessen 2007 die Wilhelm-Leuschner-Medaille und Bundespräsident Horst Köhler 2009 das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse.
Benno von Heynitz starb am 29. Oktober 2010 in Weilburg.
Zur Person
Nachname: | von Heynitz |
Vorname: | Benno |
Geburtsname: | von Heynitz |
Nation/Land: | Deutschland |
Geburtsdatum: | 22.12.1924 |
Geburtsort: | Dresden |
Sterbedatum: | 29.10.2010 |
Sterbeort: | Weilburg |
Orte/Stationen der Verfolgung/Haft |
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Ergänzungen
Quelle(n)/ Literatur |
Benno von Heynitz: Das gelbe Elend - Bautzenhäftlinge berichten 1945–1953, hg. vom Bautzen-Komitee e. V., 2002. Silke Klewin, Benno von Heynitz, in: Opposition und Widerstand in der DDR, Politische Lebensbilder, hg. v. Karl Wilhelm Fricke, Peter Steinbach und Johannes Tuchel, München 2002. Andreas Hilger, Ute Schmidt, Günther Wagenlehner (Hg.): Die Verurteilung deutscher Zivilisten 1945–1955 (Sowjetische Militärtribunale Band 2). Köln 2003. Verfolgung unterm Sowjetstern - Stalins Lager in der SBZ/DDR, Dokumentation 15. Bautzen-Forum der Friedrich-Ebert-Stiftung 13. und 14. Mai 2004. Susanne Hattig/Silke Klewin/Cornelia Liebold/Jörg Morré: Geschichte des Speziallagers Bautzen. 1945-1956. |
Dokument(e) |
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