Bundesverdienstkreuze für ehemalige Häftlinge des Speziallagers Bautzen
13.11.09
Bundespräsident Horst Köhler zeichnet Benno von Heynitz, Erika Riemann und Jochen Stern für ihre hervorragenden Verdienste um Demokratie und Menschenrechte aus.
20 Jahre nach der Friedlichen Revolution werden die ehemaligen Speziallagerhäftlinge Benno von Heynitz, Erika Riemann und Jochen Stern von Bundespräsident Horst Köhler geehrt. Sie haben sich besonders um Demokratie und die Einhaltung der Menschenrechte verdient gemacht. Die Verleihung findet am 16. November 2009 im Schloss Bellevue in Berlin statt.
Alle drei Geehrten waren wegen ihres Protestes gegen die sowjetische Besatzungsmacht von einem sowjetischen Militärtribunal zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Die Haftzeit verbrachten sie unter anderem im Speziallager Bautzen, dem sogenannten „Gelben Elend“. Die Bedingungen in den Lagern waren katastrophal. Allein in Bautzen starben über 3000 Gefangene. Hunger, Krankheiten und Isolation prägten den Haftalltag. Von Heynitz, Riemann und Stern überlebten die schreckliche Zeit und engagieren sich bis heute, damit die Erlebnisse nicht in Vergessenheit geraten.
Silke Klewin, Leiterin der Gedenkstätte Bautzen, erklärt: „Ich freue mich sehr, dass Benno von Heynitz, Erika Riemann und Jochen Stern das Bundesverdienstkreuz erhalten. Sie haben es verdient. Alle drei haben sich um die Demokratie verdient gemacht. Sie unterstützen die Arbeit der Gedenkstätte Bautzen bis heute in vorbildlicher Weise.“
Auch nach seinen Haftjahren setzte sich von Heynitz unermüdlich für Freiheit und Demokratie ein. 1990 initiierte er die Gründung des Bautzen-Komitees, das die Aufklärung und Aufarbeitung der Verbrechen kommunistischer Gewaltherrschaft in den Bautzener Gefängnissen zum Ziel hat. Seinem Engagement ist die Gründung der Gedenkstätte Bautzen maßgeblich zu verdanken. Bis heute unterstützt er als Ehrenvorsitzender des Komitees sowohl die Arbeit des Vereins als auch der Gedenkstätte.
Erika Riemann, Jg. 1930, bemalte 1945 im Alter von 14 Jahren ein Porträt Stalins. Ein SMT verurteilte sie zu 25 Jahren Haft. Bis 1954 blieb Riemann in den Speziallagern Bautzen und Sachsenhausen sowie dem Gefängnis Hoheneck inhaftiert.
Ihre Erlebnisse schildert Erika Riemann in dem Buch "Die Schleife an Stalins Bart". Heute berichtet sie in Zeitzeugengesprächen über ihr Schicksal. Zusätzlich unterstützt sie die Erinnerungsarbeit der Gedenkstätten und hilft im Frauenkreis der ehemaligen Hoheneckerinnen bei der Betreuung pflegebedürftiger Haftkameradinnen mit.
Der Schauspieler Jochen Stern, Jg. 1928, trat 1946 in die Liberaldemokratische Partei Deutschlands ein, um sich für Freiheit und Demokratie einzusetzen. 1947 wurde er von der sowjetischen Geheimpolizei wegen angeblicher Spionage verhaftet und verbüßte bis 1954 eine Haftstrafe im "Gelben Elend".
Seine Erfahrungen verarbeitet Stern in seinen Büchern. Seit 1989 setzt er sich für die Errichtung der Gedenk- und Dokumentationsstätte "Opfer politischer Gewaltherrschaft" in der ehemaligen Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums für Staatssicherheit in Frankfurt/Oder ein und engagiert sich dort als Beiratsvorsitzender. Bis heute klärt er als Zeitzeuge in Gedenkstätten und Schulen über die Verfolgung zur Zeit der sowjetischen Besatzung auf.