Pirna gedenkt der emordeten Kranken
Sächsische Zeitung vom 5. März 2011
Die Fläche um das Gedenkkreuz am Elbhang soll an den Weg der Asche erinnern. Das Kreuz selbst wird weithin sichtbar sein. Es ist makaber, und es war vielen Pirnaern lange nicht bekannt: Der von Spaziergängern und Touristen gerne genutzte Panoramaweg entlang des Sonnensteins, im Volksmund „Canalettoweg“ genannt, führt über menschliche Überreste. Es ist die Asche von einem Teil der 15 000 psychisch kranken sowie geistig und körperlich behinderten Menschen, die 1940 und 1941 in der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt auf dem Sonnenstein umgebracht und verbrannt worden sind.
Großes Kreuz aus Stampfbeton
Diese Naziopfer sollen nun endlich eine würdige letzte Ruhestätte erhalten. Ein sieben Meter hohes Kreuz aus Stampfbeton soll die Stelle am Schlosshang, an der menschliche Asche nachgewiesen wurde, von Weitem erkennbar machen. „Das Material haben wir gewählt, weil es an die hier verstreute Asche erinnert“, berichtet Klaus Leroff, Landesgeschäftsführer des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge.
Einige Bäume werden gefällt
Die Fläche um das Kreuz herum soll in ihrer Form und mit weiß blühender Bepflanzung ebenfalls den Weg der Asche verdeutlichen, so wie sie damals einfach den Elbhang hinunter geschüttet wurde. Außerdem sollen einzelne Baumstämme besonders markiert werden, um das betroffene Areal noch klarer herauszustellen. Angedacht ist schwarze und weiße Farbe. Einige Bäume werden für den Friedhof aber auch ganz verschwinden. „Das Gesetz schreibt vor, dass die Gedenkstätte schlicht, einfach und würdevoll sein muss, aber auch deutlich erkennbar“, sagt Leroff. „Deshalb muss ein Teil des Hanges frei geschnitten werden.“
Brutalität der Morde zeigen
Für diese Maßnahme werden auch gesunde Bäume gefällt werden müssen. Klaus Leroff bittet dafür aber um Verständnis. „Die Fläche soll die Brutalität der Morde zeigen.“ Wenn man eine schöne Landschaft daraus mache, dann sei diese Wirkung dahin. „Unsere ursprüngliche Idee war auch, hier Tabula rasa zu machen.“ Aber das wäre dann doch eine zu große Störung der Totenruhe gewesen. Zudem hätte es die Sicherheit des bis zu 45 Grad steilen Hangs zu stark beeinträchtigt. Die Grabstätte soll noch in diesem Jahr entstehen und fertig gestellt werden. „Die Finanzierung ist gesichert, wir müssen die Gelder auch noch in diesem Jahr verbauen“, erklärt Leroff. 152 000 Euro sind dafür vorgesehen. Diese werden Pirna zu 100 Prozent erstattet. Auch für die spätere Pflege muss die Stadt nicht aufkommen.
Eröffnung zum Volkstrauertag?
Einen konkreten Zeitplan kann Leroff noch nicht nennen. Er hofft aber, dass vielleicht am Volkstrauertag die Einweihung stattfinden kann. Der ist am 13. November und wäre seiner Ansicht nach ein geeigneter Termin dafür. Die Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein hatte im Jahr 2002 archäologische Grabungen am Elbhang beauftragt. Das gefundene Knochenmaterial wurde 2002 und 2004 anthropologisch untersucht. Dabei wurde nachgewiesen, dass sich auch menschliche Knochen darunter befinden. Die Ruhestätte ist bisher weder oberirdisch erkennbar noch ist sie als Grabstätte gestaltet. Sie ist mit Laubbäumen überwachsen.