Erinnerung an politische Strafjustiz und die Opfer
Dresdner Neueste Nachrichten vom 9. April 2010
von Christoph Stephan
Es sind Schicksale wie das von Margarete Blank, die auch 65 Jahre nach ihrem Tod immer noch berühren und einen im Georg-Schumann-Bau der Technischen Universität Dresden am Münchner Platz nachdenklich stimmen. Die Ärztin hatte eine Praxis auf dem Land, war keine erklärte Kommunistin oder Widerstandskämpferin, wurde aber trotzdem 1944 von der Gestapo festgenommen und durch den Volksgerichtshof im heutigen Schumann-Bau zum Tode verurteilt, weil sie gegenüber einem Oberstabsarzt Zweifel am "Endsieg" der Deutschen im Zweiten Weltkrieg äußerte. Das Fallbeil im Innenhof des bedrohlichen Justizgebäudes beendete am 8. Februar 1945 das Leben von Margarete Blank. Sie wurde 43 Jahre alt.
Blanks Schicksal ist nur eines von vielen. Mehr als 1300 Menschen ließen die Nazis am Münchner Platz hinrichten. Aber auch in der DDR war das Gebäude von 1952 bis 1956 erneut zentrale Hinrichtungsstätte mit 62 nachgewiesenen vollstreckten Todesurteilen.
Seit 1959 wird vor Ort in einer Gedenkstätte an politische Strafjustiz und deren Opfer erinnert. Allerdings liegt diese ziemlich versteckt im Innenhof des Schumann-Baus. "Wir sind nur sehr schwer zu finden", bedauert die Leiterin der Gedenkstätte Münchner Platz, Birgit Sack. "Obwohl viele Dresdner und Besucher täglich die George-Bähr-Straße entlang laufen, gehen sie doch oft an uns vorbei."
Besserung ist nun in Sicht, denn durch das Sächsische Immobilien- und Baumanagement wird die Einrichtung bis Oktober für rund 500 000 Euro saniert und vergrößert. Die Gedenkstätte soll danach direkt vom Münchner Platz aus über einen Eingang neben der großen Treppe des Schumann-Baus zu erreichen und so zu erkennen sein.
"Die Ausstellungsfläche verdoppelt sich durch den Umbau auf 275 Quadratmeter. Die TU hat uns freundlicherweise ehemalige Archivräume im Souterrain zur Verfügung gestellt", erklärt Sack. Ziel ist es, eine Dauerausstellung über die Geschichte des ehemaligen Haft- und Justizkomplexes am Münchner Platz einzurichten und einzelne Schicksale von Opfern während der NS-Diktatur, der sowjetischen Besatzungszeit sowie der frühen DDR vorzustellen.
"Wir wollen den Menschen, die hier gestorben sind, eine Stimme geben. Deshalb soll es neben klassischen Texttafeln auch moderne Hör- und Filmstationen geben, an denen wir Interviews mit Zeitzeugen präsentieren", sagt die Leiterin der Gedenkstätte.
Trotz der fortgeschrittenen Planungen plagen Birgit Sack in Bezug auf das ambitionierte Ausstellungsprojekt große Sorgen, denn die Finanzierung dafür steht noch nicht und entsprechend schleppend laufen die konkreten Vorbereitungen an. Rund 400 000 Euro werden für die Schau benötigt und ein Antrag auf Projektförderung beim Bundesbeauftragten für Kultur und Medien, Bernd Neumann, ist bis jetzt nicht bewilligt. Sack hofft darauf, dass das Land Sachsen im Ernstfall einspringt und die benötigte Summe beisteuert.
"In Zeiten knapper Kassen weiß ich nicht, wie viel wir erwarten dürfen", meint sie nachdenklich. Läuft es ganz schlecht, hätte die Gedenkstätte Münchner Platz bald aus Mitteln des Konjunkturpaketes II bezahlte neue Räume ohne eine Ausstellung. Fest steht zumindest schon eines: der angepeilte Eröffnungstermin für die Ausstellung im Mai 2012 ist wohl nicht zu halten. Im vergangenen Jahr besichtigten laut Birgit Sack insgesamt 5800 angemeldete Besucher die Gedenkstätte am Münchner Platz, darunter etwa 700 Schüler.