Bitterer Beigeschmack bei Gedenkstätten-Einweihung. Stellungnahme des Landesverbandes der VOS - Vereinigung der Opfer des Stalinismus
Torgauer Zeitung vom 18.05.2010
Torgau/Dresden (TZ). Von den Nachrichtenagenturen epd/ dpa wurden zur Gedenkstätten-Einweihung am Fort Zinna nicht zum ersten Mal entstellende Nachrichten und Halbwahrheiten verbreitet, die danach in den Zeitungsmeldungen wiederzufinden waren. Leider waren aber auch die Fernsehredaktionen wieder einmal nicht in der Lage, eine sachlich richtige und ausgewogene Berichterstattung zusammenzustellen. Im Gegensatz dazu sind wir der Auffassung, dass die o.a. offizielle Einweihung beider Gedenkstätten und ihr unmittelbares Nebeneinander von der Sächsischen Staatsregierung und der Stiftung Sächsische Gedenkstätten verantwortungsvoll und gut vorbereitet und die feierliche Umrahmung offensichtlich war. Die sächsische Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst Frau Prof. Dr. Dr. Sabine Freifrau von Schorlemer begründete verständlich die speziellen und gemeinsamen Seiten der Gedenkstätte und fand passende Worte für die trennende Hecke, interpretierte ihr Grün als Hoffnung. Auch Prof. Scholtyseck aus Bonn trug in seiner ausgewogenen Rede zum historischen Kontext der Gedenkstätten dem feierlichen Anlass Rechnung. Auch unsere Opfergruppe der VOS trägt die Erinnerung an die Opfer der NS-Militärjustiz mit und kann die Ängste und Leiden der jungen Soldaten insbesondere in den letzten Jahren des Zweiten Weltkrieges verstehen. Nicht verstehen kann unser Landesverband aber die Haltung und die Provokationen des Vorsitzenden des Vereins der NS-Militärjustiz, Ludwig Baumann, aus Bremen an diesem Tag. Wenn einer wie er aus diesem Anlass aus Bremen anreist, zuerst eine Figurengruppe für 80 000 EURO als Geschenk von der Sächsischen Staatsregierung entgegennimmt und danach die Gedenkstätte mehrfach als „Schandmahl“ bezeichnet, dann ist das nicht nur eine Beleidigung der Gedenkstätte, es ist auch eine Beleidigung der Sächsischen Staatsregierung, eine Beleidigung der Stiftung Sächsische Gedenkstätten und auch eine Beleidigung der Architekten M. Bennis (Berlin) und B.Weidner (Stuttgart) sowie des Schöpfers der Figurengruppe Thomas Jastram aus Rostock! Es ist aber nicht nur das. Es ist auch der wiederholte Versuch von Herrn Baumann, die Inhaftierten der sowjetischen Todeslager in Torgau zu diskriminieren. Heute noch lebende ehemalige Insassen dieser sowjetrussischen Todeslager, wie der neunzigjährige Sozialdemokrat Heinz Richter aus Neu-Isenburg bei Frankfurt am Main, sind über diese Äußerungen entrüstet. Er,ein ehemaliger Dresdner, der Herbert Wehner und Otto Grotewohl noch aus der sozialdemokratischen Jugendarbeit persönlich gekannt hat, und andere betroffene Sozialdemokraten fühlen sich durch den ehemaligen Deserteur der Wehrmacht, Ludwig Baumann, besonders beleidigt. Im Gegensatz zu Herrn Baumann, sieht unser Landesverband im Nebeneinander und im unmittelbaren Hintereinander der Verbrechen und Leiden mehr Gemeinsamkeiten als Trennendes! Wer nur Mauern errichten und aufrechterhalten will, oder sogar beleidigt, der kann kein demokratisches Miteinander wollen. Unser Landesverband sieht sich genötigt, auch wenn zu wenig Hoffnung Anlass ist, eine sachlich ausgewogene verantwortungsvolle Berichterstattung in den Medien anzumahnen. Wir sind nicht bereit, Entstellungen und Beleidigungen unwidersprochen hinzunehmen!
Im Auftrag, Bernd Müller-Kaller (VOS-Landesvorsitzender)